Winterakademie, Thema “Selbstoptimierung”

Wer im Sommer an der Akademie zum Thema "Arbeit" teilnahm, erinnert sich: Erik Lehnert und ich fragten nach Themenwünschen für die Studientage im kommenden Jahr. Ich ging später noch von Tisch zu Tisch und fragte.

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Eine Grup­pe jun­ger Män­ner schlug das The­ma “Selbst­op­ti­mie­rung” vor und hat­te gleich Vor­schlä­ge für mög­li­che The­men und Refe­ren­ten. Also ist es nun so, und es wird gut!

Von Frei­tag, 23. Janu­ar bis Sonn­tag, 25. Janu­ar wer­den wir in Schnell­ro­da das The­ma “Selbst­op­ti­mie­rung” mit sie­ben Refe­ren­ten umrei­ßen und auffächern.

Es wird dabei nicht vor allem, aber auch um das Pro­blem jener per­ma­nen­ten Bauch­na­bel­be­trach­tung gehen, die nur noch ein “Ich” kennt und kein “Wir” mehr. Was soll denn opti­miert wer­den? Der Kör­per, die See­le, der Geist? Und wenn dies, dann: wozu? Auf wel­chen Zweck hin, wel­ches Ziel, aus­ge­hend von wel­chem Men­schen­bild, und wohin soll es aus wel­chem Grund gehen? Was setzt dem Men­schen zu, was an ihm ist grund­sätz­lich, was nur je indi­vi­du­ell nicht opti­mal, nicht opti­miert, und wel­cher Norm folgt die­se Opti­mie­rung, und das bedeu­tet auch: Was merzt sie aus, was paßt sie an, wel­ches Schick­sal soll aus­ge­he­belt wer­den, wel­ches soll nicht mehr vorkommen?

Das ist der Umriß der Vorträge:

  • Was ist der Mensch?
  • Amor fati
  • Die deut­sche Reformbewegung
  • Selbst­op­ti­mie­rung – Ent­ste­hung eines Trends
  • Selbst­op­ti­mie­rung als Geschäft
  • Ich und KI
  • Dopa­min und anderes
  • Raff Dich auf!

Das ver­han­deln wir, und dar­über hin­aus wird es Arbeits­grup­pen geben zu den The­men “Sicher­heits­op­ti­mie­rung”, und “Tages­or­ga­ni­sa­ti­on”.

Platz ist dies­mal wie­der für 130 Hörer, wir konn­ten eine neue Unter­kunft erschlie­ßen, jetzt, wo auf den Charme des Plat­ten-Hotels “Tri­as” am Zement­werk in Kars­dorf auf­grund von unauf­hol­ba­rem Sanie­rungs­rück­stau ver­zich­tet wer­den muß …

Wir wer­den am Frei­tag (23. Janu­ar) gegen 15 Uhr begin­nen und am Sonn­tag gegen 13 Uhr die letz­te Mahl­zeit ein­neh­men. Wer 35 Jah­re alt ist oder jün­ger, kann sich hier digi­tal anmel­den (das For­mu­lar fin­det sich auch auf der Start­sei­te sezession.de in der rech­ten Spalte).

Zu den Kos­ten: Wer noch nicht voll ver­dient, bezahlt 75 € für die Teil­nah­me, ent­hal­ten in die­ser Pau­scha­le sind alle Über­nach­tun­gen, Mahl­zei­ten und Vor­trä­ge. Wer schon im Beruf steht, bezahlt 150 €. Wir ver­ge­ben die Plät­ze strikt nach Eingang.

Sonn­tags­hö­rer sind eben­falls will­kom­men, hier gilt kei­ne Alters­gren­ze. Wer die bei­den Vor­trä­ge am Sonn­tag ver­fol­gen und danach am Mit­tags­tisch sit­zen möch­te, mel­det sich an unter [email protected] und darf mit einem Teil­nah­me­bei­trag von 50 € rechnen.

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (30)

Adler und Drache

4. Dezember 2025 20:51

Es wird dabei nicht vor allem, aber auch um das Problem jener permanenten Bauchnabelbetrachtung gehen, die nur noch ein “Ich” kennt und kein “Wir” mehr.
Aus meiner Sicht eine ziemlich schräge Behauptung. Könnte ein Satz von Steinmeier sein. Man ersäuft derzeit im großen, geradezu ozeanischen "Wir". Das "Ich" wird doch überhaupt nicht mehr wahrgenommen und erkannt! Auf dem "Ich" ruht das Menschsein, das "Ich" zu gewinnen ist eine alles entscheidende Frage!  
Leute!!

Kositza: Da dürfte es mehrere Ebenen geben. Auf der einen ist das zu große "Ich" das Problem, auf der anderen das globale "Wir". Das gilt es aufzudröseln. Das Problem mit der Ich-igkeit scheint mir drängender, da das postulierte "wir" doch recht rasch als Luftnummer zu entlarven ist.

Laurenz

4. Dezember 2025 22:22

@Adler & Drache ... bin da schon mal gespannt, was dabei rum kommt. Selbst-Optimierung hört sich schon arg nach Homo sovieticus an.

Gracchus

4. Dezember 2025 23:42

Da muss ich Herrn @Adler und Drache beispringen. Ich bemerke viel Ich-Schwäche. Es ist auch sozial gewollt. Nicht nur von spirituellen Gruppen, die Ego-Auflösung propagieren. Ganz allgemein.
Wenn derzeit wieder das Wir-Sprechen eingeübt wird, zeigt sich m. E. zweierlei - eine Sehnsucht nach Gemeinschaft, aber auch danach, darin unterzutauchen, dem "Ich" auszuweichen, das heißt dem Ich-bin-der-ich-bin. Denn wirklich ich sagen, kann nur Gott. Seine Menschenkinder müssen es erst mühsam lernen, und vorher Du, Er (Sie, Es), Ihr, Wir" durchlaufen haben, aber es geht:
Ich danke Gott und freue mich / Wie's Kind zur Weihnachtsgabe / dass ich bin, bin! (Und dass ich Dich / schön menschlich Antlitz habe.)

Majestyk

5. Dezember 2025 00:48

#wirhabenplatz #wirschaffendas #wirimpfenmit #wirsagennein #wirsindbunt #wirsindmehr  ...
Also ich brauche nicht noch mehr wir. 

RMH

5. Dezember 2025 07:59

"... doch recht rasch als Luftnummer zu entlarven ist."
Eine Luftnummer, die allerdings zum Hauptargument der Repression (wieder einmal in der Geschichte - wie bei allen Kollektivismen!) geworden ist. Das "Wir" der sog. FDGO im Verbund des Landes, in dem WIR (also widerspruchlos) alle gut und gerne (zu) leben (haben! Befehl!) beeinträchtigt jegliche Opposition mehr, als irgendwelche Terminkalender mit "time-slots" führenden, pumpenden oder in Kübel mit Eiswasser springende Personen.
@Adler u. Drache hat daher schon den richtigen Punkt getroffen. Im herausgebildeten, mithin echt ERWACHSENEN & nicht im narzistisch, neurotisch-regressiv- demolierten ICH entscheidet sich die echte, ehrliche & aufrichtige WIR-Fähigkeit, die nicht mit Mitläufer- & Anpassungsfähigkeit zu verwechseln ist. Und auch nur dort, nirgendwo anders. Gerade nicht in Stuhlkreisen von Kitas oder im Tante Prusselise Schulsystem oder durch den Überkonsom von social spots oder gar durch Partei-Agenden.
PS: In Schnellroda wird also auch neu-feuilletonistisch "verhandelt" & nicht mehr vorgetragen & diskutiert. Und wer entscheidet, was am Ende der "Verhandlung" dann für ein Urteil steht?

Laurenz

5. Dezember 2025 09:10

@Gracchus & Co. ... sehe das diametral anders. Wenn die gescheiterte Deutsche Nachwende-Politik von "wir" spricht, meint sie nur sich als neofeudale Kaste. Damit ist kein Volks-wir gemeint. Ansonsten existieren gerade in woken Standards 0815 Geschlechter, die jedem ein individuelles Fenster bieten sollen. Ansonsten wird die Gesellschaft bewußt in 1k Teile gespalten, was sich auch in Wahlergebnissen niederschlägt. Da keiner mehr richtig schreibt, alles kurz auf elektonisches Papier gehämmert wird (davon nehme ich mich auch nicht aus), kann man auch einen Niedergang des Sprache festmachen. Das ständige Geduze, was keinen Unterschied zwischen Nähe & Distanz mehr zuläßt, sind nicht mit Selbstoptimierung zu bekämpfen, sondern wir brauchen mehr Lese-, Schrift- & Sprach-Kultur für alle. Also ist der Ansatz, der hier auf der SiN vorgestellt wird, eindeutig von der jeweiligen Herangehensweise auf dünnem Eis abhängig.

Friedrich Lagerfeld

5. Dezember 2025 09:42

Aufgeklärt/liberal ging es los mit dem der Botanik entlehnten Ideal vom "vollen aufblühen" aller Anlagen für ein erfülltes (vulgär: "pralles") Leben. Leider fanden sich die Freunde der freien Stadtluft jedoch rasch zu subjektiv üblen (von links sog.) klein/bürgerlichen Kalkülen genötigt. Bzgl. ihrer Aufstellung am Markt, etc.
So als wäre man geborener Stratege, Quartiermeister und Drill Instructor von komplexen und flexiblen Potentialen für turbulente Raufhändel "am Markt". Oder in einfachem, faschistischen französisch: in einer "tutelle de l’argent" (Pkt. 15 v. 21/Service d’Ordre de la Légion/Milice française, dt: Bevormundung durch das Geld).
Mit ihrer "allseits entwickelten sozialistischen Persönlichkeit" hing die DDR souverän in der Luft zwischen erhabenem gesellschaftlichen eingeordnet-sein und permanenter werktätiger Improvisationskunst in die Kommandowirtschaft.
 

Dietrichs Bern

5. Dezember 2025 09:59

Mir erscheint das selbstoptimierte ich, jenseits eines gewissen Marketings, doch recht wenig reale Entsprechung in der Realität zu finden. Was es jedoch gibt, ist "unsere Demokratie" gelebt nicht nur von Politikern und Journalisten, sondern bis herunter zum Shampoo- Verkäufer und Gastwirt. Ich finde, das der Wahlspruch des Hauses doch deutlich in den Vordergrund gestellt werden müsste.

Umlautkombinat

5. Dezember 2025 10:49

Mir erscheint das selbstoptimierte ich, jenseits eines gewissen Marketings, doch recht wenig reale Entsprechung in der Realität zu finden.

 
Ich denke nicht, generell auch die in anderen Kommentaren geaeusserte Prioritaet der Gefaehrlichkeit UnsereDemokratie-Wir > Intervallfasten + Muckiaufbau nicht.
 
Fuer junge Leute ist das wichtig, gerade in den beruflichen und partnerrelevanten Konkurrenzsituationen, in denen sie sich in diesem Lebensabschnitt befinden. Ihnen die Unformitaet (dort steckt auch ein ziemlich festes Dumm-Wir) dahinter klarzumachen dauert und loest eigentlich nur ein relevant entwickeltes tatsaechliches Ich selbst. Meist aber erst spaeter - oft zu spaet - im Leben auf, wenn ueberhaupt. Bis dahin dienen diese Dinge denselben Zwecken wie direkte Ideologisierung, nur in anderer Form, naemlich der Sedierung durch Nabelschau. Die Ruhigstellung grosser Bevoelkerungsteile durch "Privatisierung" ist eine Nemesis die man gar nicht ueberschaetzen kann. Deswegen muss man sich mit ihren Formen befassen.

nagini

5. Dezember 2025 10:50

Erstaunlich ist es für mich schon, wie viel Zeit und Ressourcen viele für Selbstoptimierung haben. In meinem privaten Leben spielt das meines Wissens keine Rolle, wobei man auch überlegen muss, wie es wäre, wenn man im Leben immer schlechter als andere abschneiden würde, ob dann nicht ein Drang zur Selbstoptimierung verständlich wäre. Hinsichtlich Wissenschaft fällt mir die grasierende Egozentrik, der Mangel an Empathie und kritischer Denkfähigkeit sehr auf. An Unis sind einige Themen super überforscht, andere extrem un(ter)forscht. Das ist mutlifaktoriell bedingt. Kritisches Denken wird nicht entwickelt, es wurde nie eigenes Leid erfahren, keine Empathie entwickelt, es geht nur um die Karriereleiter und diese lässt sich mit bestimmten Themen leichter erklimmen. Hier fehlt ganz klar ein Wir-Gedanke, ein Bezug und eine Bewegung zur Gesellschaft hin - eine Fließbewegung. Ich hatte dieses Wirgefühl immer, habe mich nie losgelöst von meinen Landsleuten gefühlt, immer ein Streben empfunden, auch den sogenannten kleinen Mann im Großen abbilden zu können. Ich hege auch den Gedanken, dass es Anstand bedeutet, nicht immer nur an sich selbst zu denken, empfinde das Verhalten an den Unis oft als klar unanständig, auch wenn ich weiß, dass ich für solche Gedanken vielleicht zu jung bin. 

Maiordomus

5. Dezember 2025 10:55

@Als einer ausgewiesenen Familien-Mutter wundert es niemanden, dass Kositza vor "Ichig-keit" warnt, wohl aber im Wissen, dass es für Widerstand gegen das, was Kulturkritiker der letzten 100 Jahre "Vermassung" nannten, nun mal "Ich-Stärke" brauch, Auch nötig, um gegenüber Manipulationsmöglichkeiten innerhalb der Familie zu bestehen. Letztere sind nicht nur innerhalb von sektenähnlichen Familienstrukturen eine Gefahr.
Philosophisch beruht legitime Ich-Stärke auf der Ethik der Person, die herkömmlich als "Ding mit Selbstbewusstsein" definiert wird. Selbstbewusstsein bedeutete noch nie, dass nicht auch Entscheidung für die Gemeinschaft zu vernünftigerweise dazu gehört, insofern gemäss Aristoteles nur Götter, nach christlichen Aristotelikern nur Engel und einige Tierarten ausserhalb der Gemeinschaft sinnvoll existieren. Philosophischer Apologet der "Ichig-keit" war Max Stirner mit "Der Einzelne und sein Eigentum". Nietzsche, ihm nicht ganz folgend, übernahm den Satz: "Das Wir ist heiliggesprochen, nicht aber das Ich." Es gibt in demselben jenseits von plumpem Egoismus etwas Heiliges, weil Unantastbares. So sah es Hermann Hesse.  

Franz Bettinger

5. Dezember 2025 11:54

Bin ganz bei @A&D: Das Wir liegt nur zwei Kurven vom Ich entfernt. Wer es sich als Rechter leisten kann, kommt schnell zum Wir. Die anderen sollten tunlichst beim Ich bleiben. Das Eigene beginnt beim Ich und wandert dann über Frau und Kind und Freund zum Wir als Volk. Auch das etiam si omens ego non betont das Ich. Ohne Ich ist alles Nichts. (Nicht verwechseln mit Egoismus.) 

Adler und Drache

5. Dezember 2025 12:01

@Kositza
Dass es "mehrere Ebenen" gibt - schon klar. Mich stößt das wohlfeile, modische Einprügeln aufs Ich zugunsten eines Wir dennoch ernsthaft ab. Die Frage kann doch nicht sein "Das Wir gegen das Ich", vielmehr sollte sie sein "Das richtige Ich und das richtige Wir gegen das falsche Ich und das falsche Wir".
Zum Thema "Selbstoptimierung": Ist dieser Trend nicht längst am Auslaufen? Mir scheint, das Identitätsthema hat sich davorgeschoben. Da wird nicht mehr optimiert, sondern festgestellt/behauptet/befreit/verteidigt. Die "sexuelle Identität" hat ja nun mittlerweile jene Position eingenommen, die einst "Seele" genannt wurde. In dem damit verbundenen Menschenbild wird aber nicht mehr "optimiert", da man ja kein externes Ziel mehr akzeptiert (das wäre "Unterdrückung"). Jegliche Arbeit an sich selbst, jeglicher Änderungsauftrag wird abgelehnt, man will in höchster Abstraktion "so sein, wie man ist" ...

Mboko Lumumbe

5. Dezember 2025 12:28

"Es wird dabei nicht vor allem, aber auch um das Problem jener permanenten Bauchnabelbetrachtung gehen, die nur noch ein “Ich” kennt und kein “Wir” mehr."
 
Zustimmung insofern, dass "wir" in Deutschland viel mehr gemeinsamen Kampf gegen links brauchen. Und dazu braucht es weniger Einzelkämpfer und viel mehr "wir" in Form von offener und standhafter Unterstützung in der Gesellschaft und nicht nur aufrechte Wahlkreuze und dann mal schauen was passiert und darauf hoffen, dass andere es schon richten werden...
Keine Regierung oder Partei kann die Zustände wieder vollständig rückgängig machen, das ist durch. Doch es kann noch manches gerettet und vieles geändert werden, aber das geht nur mit engagiertem und energischem Rückhalt aus der breiten Bevölkerung. Die Menschen müssen es wollen und dazu bedarf es eines Wir-Gefühls im Land für eine Zeitenwende gegen den aufkommenden Sozialismus und im Hintergrund der lachende Halbmond.
 
Gießen am 29.11.2025 war ein Fanal und zeigt das "wir" von links in deren Entschlossenheit und Geschlossenheit.

Majestyk

5. Dezember 2025 14:36

@ Laurenz:
"Wenn die gescheiterte Deutsche Nachwende-Politik von "wir" spricht, meint sie nur sich als neofeudale Kaste. Damit ist kein Volks-wir gemeint."
War das je anders? Als Wilhelm II 1914 davon sprach "Wir müssen nun zu den Waffen greifen" um die Ehre von Franz Joseph zu verteidigen, da hatte der doch nicht vor selber an die Front zu gehen.
Nach meiner Erfahrung reden gerade Politiker von "wir" wenn sie was wollen. Meistens mehr Geld, manchmal soll das einfache Volk die Kastanien aus dem Feuer holen. Wenn es heißt, "wir müssen den Gürtel enger schnallen", gilt das eigentlich nur für Leute wie mich. Haben die Hohenzollern, die Flicks, die Quandts und wie sie alle heißen nach dem Krieg mit den anderen gehungert, Trümmer weggeräumt oder mußten Hamstern gehen?
 

Rabenkaiser

5. Dezember 2025 14:54

Ich denke, das hier kritisierte „Wir“ trifft nicht den Begriff, der im Rahmen der kommenden Akademie gemeint ist. Das allgegenwärtige „Wir“ entsteht aus normativer Angleichung: aus geteilten moralischen Erwartungen, Rollenidentitäten und Verhaltensstandards. Es ist ein funktionales Wir, das Konformität erzeugt und gleichzeitig den Schein von Individualität kultiviert. Diese Form des Kollektiven ist tatsächlich überpräsent und bildet nur die Rückseite eines krass überdrehten, aber im Kern standardisierten Individualismus.
Das hier gemeinte „Wir“ meint etwas anderes: Es entspringt nicht der Angleichung, sondern der Individuation – einem Zusammenschluss von Menschen, die erst zu wirklichen Einzelnen geworden sind. Christian Möller, ein ehemaliger Dozent von mir in Heidelberg, hat in Anlehnung an Kierkegaard vom „Wagnis, ein Einzelner zu sein“ gesprochen. Genau dieses Wagnis bildet die Voraussetzung für ein qualitativ anderes Wir: eines, das aus geklärten, eigenständigen Personen hervorgeht und nicht aus moralisch synchronisierten Identitäten. Ein solches Wir ist nicht gefällig, aber tragfähig.

Dietrichs Bern

5. Dezember 2025 15:45

@Umlautkombinat: Ich bin nicht sicher, ob ich Ihren Punkt richtig erfasse. Selbstoptimierung verstehe ich als Gesamtkonzept, also nicht nur z. B. sportliche Fitness betreffend. Es gibt sicher Vorstände, die Triathlon betreiben, Familie haben, sozial engagiert sind usw. , aber das scheint mir kein breites Phänomen zu sein. Widersprechen würde ich auch bei der "Privatisierung". Ich werde heute bis in den Sportverein und das Frühstücksbrötchen mit der Forderung konfrontiert, Haltung zu zeigen und Zeichen zu setzen, vom Arbeitsplatz abgesehen. Es gibt eigentlich kaum wirklich privates.

heinrichbrueck

5. Dezember 2025 16:17

Sollte es auf der spirituellen Ebene kein Wir geben, ist das Ich lediglich Wurmfutter. Das Ich ist eine Generation (ca. 30 Jahre) im Aufbau; ohne das Wir bleibt es eine welthistorische Luftnummer. Dabei sind Würmer sehr saubere Tiere. Ein Ich-Kompost ohne Feuerbestattung, mehr ist wohl nicht drin. Dieser Ich-Sklave scheint eine Nützlichkeitsform umzusetzen, über die man nur noch staunen kann. Als wollte man einen postapokalyptischen Aufbau herbeiführen. 1800 Jahre geozentrisches Weltbild, da sind so einige Ichs über den Jordan gegangen. In einem Kampf verliert das Wir niemals. 
Im Jahr 2024 wurden für das Bürgergeld insgesamt etwa 46,9 Milliarden Euro ausgezahlt (etwa 51,96 Milliarden € im Haushalt 2025). Man läßt sich die Ich-Sterbehilfe doch einiges kosten. Aber es gibt Beschwerden. Die Ich-Pflege ist unzufrieden. 

Franz Bettinger

5. Dezember 2025 16:35

Kann zur Selbstfindung & Kompetenz- (statt Konkurrenz-) orientiertem und ziemlich (Angst-) freiem Leben jungen Leuten nur raten, (wenigstens kleine) Expeditionen zu machen, d.h. selbst organisierte Mehrtages-Touren in die Wildnis, wo man sich selbst versorgen muss, zu Fuß oder per Boot. Aus dem Rucksack leben! Die Think big & think little-Methode kennenlernen! Wenn ich mal nicht schlafen kann, seh ich mir Filme an über "Übernachten ohne Zelt bei minus 20 Grad“, und prompt schlafe ich wie ein Stein. 

Franz Bettinger

5. Dezember 2025 19:12

@HBrueck, Sie schreiben: "Dabei sind Würmer sehr saubere Tiere." Bevor ich darüber den Schlaf verliere: Könnten Sie das bitte erklären?

Umlautkombinat

5. Dezember 2025 19:18

@Dietrichs Bern
 
Es geht doch nicht um hypothetische Vorstaende. Es geht wohl auch in dieser Veranstaltung darum, wie man aus ganz persoenlichen (privaten) Loesungsversuchen a'la Exercises + Intervallfasten + zeitgesteuertem Internetabschalten + Meditation + xyz von gesellschaftlichen Problemen herauskommt (und erstmal erkennt, dass das alles Vermeidungsstrategien sind, wenn es dabei bleibt).
 
Und das Ich spielt dabei eine entscheidende Rolle, denn Obiges ist - in dieser Auspraegung - nur ein ganz und gar uniformes Fremdgesteuertes. Wie schon oft die naehere Motivation zeigt, die ganz simpel schnelleres Laufen im Hamsterrad anstrebt. Das Rad stellt man aber nicht, sondern Andere.

Gracchus

5. Dezember 2025 21:11

Die "Luftnummer" könnte man ja auch Geist (Atem, Hauch), vielleicht sogar heiligen, nennen. Gemeinschaft der Heiligen - ist das nicht ein Pleonasmus?
Das heutige Übel ist, was die christliche Tradition recurvatio in se ipsum nennt.
Wenn ich von ich spreche, dann ergibt das nur Sinn in Beziehungen, und in Beziehungen vollzieht sich ein Wechselspiel zwischen den grammatischen Personen. Nur Tyrannen sagen immer ich, ich, ich. 
Ich zu sagen, ist dem Menschen letztlich gegeben, um Verantwortung zu übernehmen, um Gott und somit auch dem Nächsten zu antworten, wenn er gerufen wird. 
 
 

Gracchus

5. Dezember 2025 21:29

Ich erinnere mich auch an einen Vortrag von Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz vor mehr als zehn Jahren zum Thema Selbstoptimierung, wobei sie Selbstoptimierung gegen christliche Selbstvervollkommnung abgrenzt.
Den Inhalt erinnere ich nur noch sehr vage. Selbstoptimierung ist aber etwas, was der Einzelne aus sich heraus zu leisten hat, ggf. mit Hilfe eines Coachs, Therapeuten oder einer App. So etwas wie Gnade und Gabe kommen darin nicht vor. Die Ziele sind auch sozial vorgegeben und haben den Zweck, dass das soziale Atom besser funktioniert. Es muss sich Anerkennung, also Liebe, erst auf diesem Weg verdienen.
Da die Deutschen zu einer gewissen Leistungsbesessenheit neigen, sind sie auch anfällig für Selbstoptimierungskonzepte. 

heinrichbrueck

5. Dezember 2025 21:48

@ Bettinger
Kein gesundheitliches Risiko: In einem ordnungsgemäß geführten Grab oder auf einem speziell dafür vorgesehenen Friedhof stellt dieser natürliche Prozeß kein Risiko für die öffentliche Gesundheit oder die Umwelt dar. Friedhöfe sind so konzipiert, daß sie diese natürlichen Vorgänge sicher ermöglichen.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß Würmer eine unverzichtbare Rolle beim Abbau toter Organismen spielen und sicherstellen, daß nichts verschwendet wird, sondern in den natürlichen Nährstoffkreislauf zurückgeführt wird. - Eine große Party. 

frdnkndr

5. Dezember 2025 21:51

„Selbstverbesserung ist Masturbation. Selbstzerstörung dagegen ist der Weg zur echten Transformation.“

Diese legendäre Aussage legte Chuck Palahniuk vor mittlerweile knapp 30 Jahren seinem Protagonisten in den Mund - vermutlich wohlwissend, dass mindestens der Übergang zwischen beidem fließend ist.

Gesellschaftlich betrachtet ist es imho schlicht die alte Leier: etwas in seinen Grundzügen absolut Vernünftiges und elementar Wichtiges wird durch langwährende gezielte Eingriffe sukzessive bis ins krankhaft Absurde und nicht länger Zumutbare übersteigert, so dass das bei Lichte betrachtet mindestens ebenso gruselige und bis dato geächtete Gegenteil plötzlich als geradezu erstrebenswert daherkommt.

Unterm Strich verlieren dadurch mittelfristig alle - na gut, zumindest fast alle.

Diogenes

6. Dezember 2025 06:33

Das liberal-egozentrische "Wir" ist Feindbild der Selbst|wirklichkeit, das ironischerweise mit der "rechten" Staatspolitischen Theoriekunde (Standort ist mehr als wirtschaftliche Erfassung/Aspekt und als Ganzes mehrere Ebenen habend die nicht rein materialistischer Mathematik (Zählen ohne Wirklichkeit hinter Dingen und Menschen) in enger Berührung steht, in all seiner Konsequenz. Die Egozentrik kann sich im Überfluss des zu strömenden "Wir" nicht entfalten und verbündet sich daher mit dem "Uns"; das was woraus man wurde was man ist. Warum scheiterte die FDP an sich selbst als politisches Gefäß liberaler Erneuerung? Weil sie vom (eklen) Zeitgeist gefressen wurde, diesem Moloch der da wuchert bis es nur noch >ihn< gibt und er sich selbst auffressen muss um letztlich im >Nichts< seiner Wurzel nach gerecht zu werden ("Nichts" hat M. Ende in Märchen leicht-fassbar gemacht, das war seine Intention/Antrieb).
 
Übrigens kann man "Generation Deutschland" auch mit das "Deutsche Geschlecht" übersetzen, wenn man tiefer ins Meta zu blicken im Stande ist. Von daher ist der Name der Koordination (Länderkoordinatoren) richtig gewählt und auch direkt als Kampfansage an gewisse "andere" Generationen gemeint, die nur für sich selbst, ihre Ideologie und Interessen der Hochfinanz stehen! Die meinen, Ideal zu sein, aber in Wahrheit nur "Werkzeug des Bösen" sind, ein materialistischer Riesenfurz der dem Deutschen Idealismus spottet. 

Ulrike

6. Dezember 2025 10:23

Extreme, also nur „ich“ oder nur „wir“ sind das Problem. Die Wahrheit liegt hier vermutlich in der Mitte - wer ein selbstbewußtes „ich“ entwickelt hat, der kann doch gleichzeitig ein gesundes „wir“ empfinden. Umgekehrt denke ich, wer sich selbst haßt, bei dem wird auch das „wir“- Gefühl leicht pathologisch sein, wurde oben schon beschrieben mit „#wirhabenplatz #wirschaffendas #wirimpfenmit“...
Amor fati“ „Liebe zum Schicksal“ – das klingt für mich interessant als Teil des Lebenskonzepts, und ich würde nicht versuchen, das bis ins letzte i-Tüpfelchen auszudiskutieren. Kann doch jeder seine eigenen Gedanken dazu haben, Hauptsache, er denkt überhaupt ernsthaft über sich und seine Stellung in der Welt nach.

Ekstroem

6. Dezember 2025 12:48

Der erste Kommentar dieses Fadens von @Adler und Drache kommt bereits zum Kern: das "Ich" zu gewinnen ist eine alles entscheidende Frage! Später erwähnt @Diogenes den Deutschen Idealismus. Das Ich und der Deutsche Idealismus sind untrennbar miteinander verbunden - und mit der Freiheit. Unser Erbe ist so reich.Sein (Wieder-)Erwerben ist heute notwendiger denn je. 

Kurativ

6. Dezember 2025 13:09

Der Wunsch nach einer Selbstoptimierung ist zwar verständlich. Eine simple "Sportmassage" verpufft am nächsten Tag nach den sportlichen Höchstleistungen. Jeder selbst ist unterschiedlich und muss auch auf sich selbst schauen, um zu optimieren. Probieren, messen und korrigieren.
Da kommen dann Motiv und Sinn ins Spiel.
Und die Freude an der Gemeinschaft Gleichgesinnter macht auch Sinn. Es ist doch immer wieder schön. Die Messe in Halle hat es gezeigt.
Bei der Suche nach typischen Aktionsfeldern des Menschen (Selbst, Ehe, Familie, Beruf, Religion, Gesellschaft) stößt man bei den vorsortieren Suchergebnisse auf ein Angebot des VS:
https://www.verfassungsschutz.de/DE/karriere/arbeiten-beim-verfassungsschutz/ihre-vorteile/ihre-vorteile_artikel.html 
Auffällig ist die mehrmalige Verwendung des Wortes "Sinnhaftigkeit"! Denn was für einen Sinn soll eine Arbeit ergeben, bei welcher man auf der einen Seite familienfreundliche Arbeitszeiten bekommt, und auf der anderen Seite aber die finale Perspektive für die eigenen Liebsten im Nuklearkrieg, Armut und im BRD-Kalifat endet.

Carsten Lucke

6. Dezember 2025 14:10

Beeindruckender, als in diesem Kommentarstrang hier (incl. Text vom Chef), kann man eigentlich nicht aneinander vorbeireden.
Gefällt mir gut, zumal von keiner Seite wirklicher Unfug kommt.